Der Kongo als weiterer Grund dafür unser politisches System zu überdenken
Immer wieder hören wir in den Medien vom “Ersten Afrikanischen Weltkrieg” oder vom “Herz der Finsternis”, einem westlichen Klischee, das dazu verwendet wurde und wird, um Kolonialismus und post-koloniale Intervention zu rechtfertigen. Wir glauben, dass der Konflikt im Kongo ein weiterer afrikanischer Konflikt sei, der auf alten „Stammesfehden“ beruht oder weil das arme Afrika von gierigen multinationalen Gesellschaften ausgebeutet wird. Aber wenn wir uns die Situation im Kongo näher anschauen erkennen wir, dass dieser Konflikt sehr komplex ist und selbst wenn mensch kein Anarchist ist muss mensch sich eingestehen, dass die großen Probleme im Kongo ihre Wurzeln im kapitalistischen Weltsystem und in der Einteilung der Welt in Nationalstaaten haben, die künstlich Grenzen zwischen Menschen ziehen.
Der Kongo, ein riesiges Land im Herzen Afrikas, ist ein weiteres perfektes Beispiel dafür, dass wir unser politisches System verändern müssen. Der Kongo litt seit dem Beginn von äußerem Einfluss unter verschiedenen Formen von Gewalt und wird auch in der Zukunft weiter darunter leiden, solange es kein neues globales System gibt. Millionen von Menschen wurden getötet und das Morden, die Armut und Ausbeutung gehen weiter. Keine Regierung wird je die Situation der Kongolesen und Kongolesinnen verändern. Zusammenfassung
Dieser Artikel zeigt auf wie äußerer Einfluss die Geschichte des Kongo beeinflusst hat und auch weiter das Leben im Kongo beeinflussen wird. Dabei wird veranschaulicht, wie das Nationalstaaten-Modell Menschen, vor allem in Afrika, künstlich voneinander trennt. Ein weiterer Grund für Konflikte in Afrika und vor allem im Kongo ist die Gruppierung von Menschen in so genannte „Stämme“ oder „ethnische Gruppen“, was von der kolonialen Administration und der Kirche vorgenommen wurde mit dem Ziel Menschen weiter aufzuteilen. Die politische Wichtigkeit dieser Einteilungen auch heute noch ignoriert die eigentlichen Probleme im Kongo, nämlich den Staat und Kapitalismus. Beide beuten den Kongo aus, um ihre finanzielle und politische Gier zu befriedigen und an dem wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern. Deshalb muss das Staatssystem sowie das kapitalistische System, wie überall auf der Welt, verändert werden.Der Kongo wurde der Privatbesitz König Leopold II von Belgien auf der Berliner Afrikakonferenz 1884-1885. Leopold nützte dies, um die natürlichen Ressourcen des Kongo auszubeuten. Es ging ihm vor allem um Kautschuk, zu dessen Gewinn die einheimische Bevölkerung mit grausamen Mitteln gezwungen wurde. In den ersten Jahrzehnten der Fremdherrschaft sind schätzungsweise bis zu 10 Millionen Menschen ums Leben gekommen, viele andere wurden gefoltert und verstümmelt. 1908 wurde der Kongo auf Grund von internationalem Druck zu einer Belgischen Kolonie. Dies hat allerdings nicht viel an der Situation der kongolesischen Bevölkerung geändert. Politische Parteien waren noch immer nicht erlaubt und nur „Stammesunionen“ konnten entstehen. Das hat zu einem ethnisch und regional fragmentierten Land geführt und als der Kongo 1960 unabhängig wurde zu vielen Problemen. Patrice Lumumba wurde der erste Kongolesische Premierminister, aber schon bald von Joseph Mobutu mit US-Unterstützung eliminiert, die den Kongo als strategischen Partner im Kalten Krieg haben wollten. Mobutu errichtete eine Diktatur ab 1965 und verbot alle Oppositionsparteien. Nach 30 Jahren Diktatur und Tyrannei konnte das Regime in Zaire (der Kongo wurde von Mobutu in Zaire umbenannt) endlich gestürzt werden, aufgrund von Ereignissen im Ostkongo, die mit dem Genozid in Ruanda zu tun hatten, als Millionen von Flüchtlingen die ohnehin prekäre Situation im Osten des Kongo noch weiter gefährdeten. Dort entstand eine Rebellion, die 1997 Mobutu stürzen konnte. Aber schon bald bemerkten die Kongolesen und Kongolesinnen, dass der neue Präsident, Laurent Kabila, Mobutu zu ähneln begann und jede Opposition verbannte. Als er sich dann auch noch von seinen ehemaligen Unterstützern, Ruanda und Uganda, lossagte entstand eine zweite Rebellion, dieses Mal gegen Kabila. Diese Rebellion wird generell als der große afrikanische Krieg bezeichnet, weil er viele Akteure involvierte, sowohl afrikanische als auch internationale Staaten und Söldnertruppen. Im Jahr 2001 wurde Laurent Kabila ermordet und sein Sohn Joseph Kabila neuer Präsident. Bald fanden Friedensverhandlungen statt, die aber immer wieder von neuen Kämpfen überschattet wurden. Diese Kämpfe gehen auch heute noch weiter und machen den Frieden sehr instabil. Die Wahlen im Vorjahr wurden als ein Triumph gesehen, doch haben noch nicht zu großen Veränderungen geführt. Kurze Zusammenfassung der Geschichte des Kongo seit der Kolonisierung:
Trotz dessen spielen ethnische Unterschiede noch immer eine große Rolle in Afrika, weil sie eben auch auf natürlichen Unterschieden aufbauen und Menschen sich danach einteilen. Auch wenn diese Gruppen künstlich geschaffen wurden werden sie dennoch von den Menschen als Realität wahrgenommen.
Das heißt allerdings nicht, dass ethnopolitische Gruppen nur Klassen sind oder ethnische Konflikte Klassenkonflikte. Nur in einigen Fällen, wie z.B. in Ruanda, ist das der Fall. Aber wir können nicht verneinen, dass es auch Klassen innerhalb von ethnischen Gruppen gibt. In großen Teilen Afrikas kann nicht wirklich von Klassen gesprochen werden, weil sich keine Klassenstruktur wie etwa in Europa entwickelt hat. Die meisten Konflikte sind entweder regional oder ethnopolitisch. Deshalb müssen wir in Afrika diese kulturelle Vielfalt beachten und politische Strategien dürfen sich nicht nur an Klassen orientieren. Außerdem ist es, wie überall auf der Welt, enorm wichtig, dass die spezifischen Probleme von Frauen beachtet werden, um nicht wieder eine neue ungerechte Welt zu erschaffen.
Die großen Faktoren für den kongolesischen Krieg sind jedoch das globale kapitalistische System und das Staatssystem. Beide haben dazu geführt, dass der Kongo geplündert wurde und zu einer Peripherie gemacht wurde, um die Preise für Ressourcen im Westen niedrig zu halten. Der Staat wurde immer nur dazu verwendet, um persönliche Gewinne zu erzielen und zu privatem Reichtum zu gelangen. Schon während des Kolonialismus wurde der Kongo so ausgebeutet, dass 10 Millionen Menschen (die Hälfte der damaligen kongolesischen Bevölkerung) getötet und viele weitere verstümmelt wurden, als die Bevölkerung dazu gezwungen wurde, die Ressourcen des Kongo für westlichen Profit abzubauen.
Als Mobutu`s Regime Ende der 90er kollabierte begann ein Krieg, der bis zu 4 Millionen Menschenleben kostete. Menschen sterben noch immer an den Folgen des Krieges, weil die medizinische Versorgung nicht ausreichend ist. Frauen und Kinder leiden am meisten unter dem Konflikt. Es gibt noch immer Kindersoldaten im Kongo und Frauen werden noch immer strategisch von verschieden Miliztruppen vergewaltigt.
Im Großen und Ganzen ging es in diesem Krieg um Macht und Profit. Die Rebellionen entstanden im Ostkongo, wo es in den letzten Jahrzehnten immer wieder Konflikte um Land gegeben hat. Verschiedene Gruppen in dieser Region haben keinen Zugang zu Land und deshalb starteten sie die Rebellion gegen Mobutu. Als sich ihre Situation mit Kabila nicht änderte begannen sie eine weitere Rebellion. Beide Rebellionen wurden von Ruanda und Uganda unterstützt, die ihre eigenen (vor allem wirtschaftlichen) Interessen verfolgten. Das Regime in Kinshasa wurde ebenfalls von verschiedenen afrikanischen und internationalen Staaten unterstützt.
Die Idee einer kongolesischen Nation ist eine Illusion und es gab immer wieder Sezessionsversuche. Viele Menschen im Kongo sind unglücklich mit den Grenzen oder Einteilungen und sprechen offen davon, dass der Kongo in verschiedene kleinere Staaten aufgeteilt werden sollte. Dies würde vielleicht kurzzeitig zu mehr Frieden führen, doch im Grunde würde es nicht viel an den zentralen Faktoren für den Konflikt ändern, da das kapitalistische System noch immer da wäre und auch der Staat, wenn auch in kleinerer Form. Der einzige Weg die Probleme des Kongo langfristig zu lösen ist deshalb ein neues globales System, das nicht von oben implementiert wird und das nicht nur das kapitalistische System verändert (wie es Staatssozialisten vorschlagen) sondern auch das Staatssystem als solches, das, in welcher Form auch immer, auch in Zukunft dazu führen wird, dass eine neue Elite entsteht, welche nur am eigenen Profit orientiert ist und den Großteil der Menschen dominieren wird.
Viele Menschen leben schon längst außerhalb des Staatssystems. Anarchismus ist deshalb nichts Neues in Afrika und es gibt viele Beispiele von traditionellen Gesellschaften, die ein egalitäres System ähnlich einer anarchistischen Gesellschaft hatten. Was wir nun tun müssen, ist die Menschen in Afrika und überall auf der Welt zu organisieren und gemeinsam für ein besseres globales System zu kämpfen.
Afrika wurde in den letzten Jahrhunderten von außen dominiert. Nur ein neues globales System kann dies verändern und nur Anarchismus ist ein internationales System, dass alle Formen von Gewalt und Ungerechtigkeit beenden kann. Nur Anarchismus erlaubt wahre Selbstbestimmung. Kein Staat, egal ob er auf kulturellen Grenzen beruht oder nicht, und egal ob er kapitalistisch oder sozialistisch ist, kann dies beenden. Staaten, die eine nationale und kulturelle Einheit sind könnten leicht zu faschistischen Staaten werden und multikulturelle Staaten laufen immer Gefahr kleine Gruppen zu assimilieren.
Zusammengefasst kann mensch sagen, dass Staaten - auch Demokratien - nur existieren, um einigen Menschen zu Macht und Profit zu verhelfen. Dies ist vor allem im Kongo sehr deutlich zu sehen. Wir brauchen keine Staaten; es gibt viele Beispiele dafür, dass Menschen sich auch außerhalb des Staates organisieren können, sogar auf einer globalen Basis. Eine andere Welt ist möglich; wir müssen nur anfangen daran zu glauben und dafür zu kämpfen.
Aufgrund der patriarchalen Strukturen der deutschen Sprache wird hier eine gender-gerechte Sprache verwendet und zum Teil auf Neologismen zurückgegriffen, auch wenn diese noch immer nicht im deutschen Sprachgebrauch verankert sind. Ich sehe dies als einen politischen Akt, da ich glaube, dass die Veränderung der Sprache eine von vielen Schritten ist, die Welt zu verändern.