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Portugal: Generalstreik gegen die neoliberale "Krisenbewältigung"

category iberische halbinsel | arbeitskämpfe | bericht author Monday November 28, 2011 21:48author by Freie ArbeiterInnen Union - FAU Report this post to the editors

Die sozialen Kämpfe und Proteste entwickeln sich in Portugal in Wellenbewegungen.
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Nach den Massenprotesten im März 2011 mit 200.000 Menschen, die zum Sturz der sozialdemokratischen Regierung beigetragen haben, bildeten sich Vernetzungen, um weiter gegen die Verschlechterung der Lebensumstände zu kämpfen. Ebenso gab es viele kleinere Proteste, etwa gegen Preiserhöhungen im Nahverkehr oder gegen die Stilllegung von Bahnstrecken. Allerdings ist aus diesen kleineren lokalen Initiativen nicht sofort eine Massenmobilisierung gewachsen.

Ebenso konnten die linken Oppositionsparteien (PCP und B.E.) nach den Wahlen recht lange keine kämpferische Position entwickeln. Jenseits von „kämpferischen“ Reden und schwachen politischen Kampagnen war wenig erkennbar. Dies änderte sich im Herbst 2011. Der der KP nahestehende Gewerkschaftsverband CGTP mobilisierte am 1. Oktober zu Demonstrationen in Lissabon und Porto. Nach (eher übertriebenen) Gewerkschaftsangaben waren ca. 150.000 Menschen auf der Straße. Dies waren die ersten Massenproteste seit den Wahlen im Juni 2011. Als nächstes folgte eine Aktionswoche der CGTP Ende Oktober, in der in einigen Städten Kundgebungen und kurze Warnstreiks stattfanden. Die öffentlich sichtbaren Aktionen konzentrierten sich auf die Hauptstadt. Die CGTP setzte (gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Gewerkschaftsverband UGT) für den 24. November einen Generalstreik an.

Gleichzeitig organisierten partei- und gewerkschaftsunabhängigere Kräfte Proteste am 15. Oktober, die sich an die globalen Krisenproteste anschlossen. In zahlreichen portugiesischen Städten fanden Aktionen statt. In Porto, der zweitgrößten Stadt der Landes mit ca. 400.000 EinwohnerInnen, nahmen nach Presseangaben 20.000 Menschen an den Protesten teil. Die Zahl dürfte nach eigenen Schätzungen sogar eher höher liegen. Wie bereits bei den Märzprotesten war das öffentliche Bild nicht von Partei- und Gewerkschaftsfahnen geprägt.

Die Mobilisierung zum Generalstreik wurde hauptsächlich von der CGTP getragen, während die UGT kaum sichtbar war. Ebenfalls hatten anarchistische, libertär-sozialistische und linksradikale Kräfte für den Generalstreik mobilisiert und eigene Aktionen dazu organisiert. Allerdings sind die Kräfteverhältnisse zwischen CGTP und den unabhängigen Akteuren recht eindeutig.

Der Generalstreik selbst war mehr als spürbar. In vielen Städten fiel das öffentliche Nahverkehr aus, was vielfach zu einem Verkehrschaos führte, da alle Pendler versuchten mit PKWs zur Arbeit zu kommen. Behörden und Schulen blieben geschlossen, Flughäfen und Hafenanlagen konnten nicht genutzt werden. In der Hauptstadt ging die Polizei gegen Streikposten vor, die den Betrieb von Bussen und Straßenbahnen aufgehalten hatten. In größeren Städten fanden Kundgebungen und Demonstrationen statt. In Lissabon kam es vor dem Parlamentsgebäude zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstranten. Ebenso in der Hauptstadt wurden Finanzbehörden mit
Molotowcocktails und Farbkanister angegriffen. Die Demonstration in Porto war dagegen weitestgehend ohne solche Zwischenfälle. Einige tausende Gewerkschafter nahmen an einer Kundgebung der CGTP teil, während anarchistische, libertär-sozialistische und linksradikale Gruppen am Rande der Kundgebung eigene (kreative und gewaltfreie) Aktionen durchführten.

In den nächsten Wochen und Monaten wird zu beobachten sein, ob die gegenwärtige Phase der Proteste und Streiks anhalten wird. Auffällig ist, dass es zunehmend ein gegenseitiges Wahrnehmen der linken Parteien und Gewerkschaften einerseits und den unabhängigen Kräften andererseits gibt. Beide Seiten verfolgen die Aktivitäten der anderen Seite und beteiligen sich an einzelnen Aktionen. Ob dies zu tiefergehenden Lern- und Kooperationsprozessen führen wird, ist noch offen.

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